Niklas und ich sitzen im Auto. Wir haben uns am Abend spontan dazu entschlossen noch fix zum nächstgelegenen Einkaufszentrum zu fahren – Niklas überlegt einen Fernseher zu kaufen. Bisher haben wir auf einem Computermonitor Fernsehen geschaut. Nun möchte er den Monitor gern als zweiten Arbeitsmonitor einsetzen und in einen „richtigen“ Fernseher investieren. Wir fahren also und unterhalten uns, als mir plötzlich ein Gedankenimpuls kommt. Niklas fragt mich nach der Größe des Fernsehers und ich stelle mir die Wand vor, an dem er hängen soll. Da Niklas einen wesentlich größeren Fernseher haben möchte, da wir bisher auf einem 27 Zoll Monitor geschaut haben. Weil ich mir vorstelle, wie der neue, große Fernseher an der Wand hängt, höre ich innerlich die Stimme einer seiner Mädchen und ich zügele mich nicht in meinem Impuls und sage: „Na da kann ich mir vorbestellen was Gianna sagen wird, wenn Deine Kinder tatsächlich Gedenken in diesem Jahrhundert noch mal zu dir zu kommen.“ Niklas ist kurz still und fragt schließlich: „Was meinst Du?“
„Naja, ich erinnere mich daran, wie wir am Bahnhof standen und auf den Zug warteten und Gianna deinen neuen Rucksack entdeckte und sagte „Papa, du hast jedes Mal etwas Neues wenn wir dich besuchen“, gleichzeitig stand sie selbst in neuen Hosen da und hatte keine 5 Minuten zuvor erzählt, dass sie mit Mama shoppen waren, bevor wir sie abgeholt hatten.
Niklas ist merklich angespannter: „ Weißt du, ich habe auch keine Lust jedes Mal wenn meine Kinder kommen 300€ pro Wochenende auszugeben.“
„Das verstehe ich. Das musst Du ja auch nicht.“
„Aber das wird doch vom mir erwartet!“
„Nein das glaube ich nicht. Ich glaube nicht dass deine Kinder von dir erwarten, dass du jedes Wochenende sonsterwas mit ihnen unternimmst. Ich glaube, dass sie eigentlich nur von dir gehört werden wollen. Dass das, was sie jedoch schließlich zu dir sagen, was sie angeblich wollen, einfach eine überhöhte Erwartungshaltung ist, die durch ihre Mutter verursacht wird, die diese überhöhten Erwartungen der Kinder, die diese instinktiv wahrnehmen, dann nicht ins rechte Licht rückt.“
„Wie meinst du das?“
„Wenn ich höre, dass verlangt wird, dass Du nur für Deine Mädchen dazusein hast, ‚Wenn sie denn schon mal bei dir sind‘, dann weiß ich, dass die Situation mit neuer Partnerin an Papas Seite nicht gut begleitet und betreut wird durch deine Ex-Frau. Sie könnte doch den Kindern auch sagen, dass Zärtlichkeiten und Zweisamkeit zu einer Partnerschaft für viele dazugehört. Stattdessen werden wir als „unreif“ bezeichnet, weil wir für die Zeit in der die Kinder da sind ‚nicht voneinander lassen können‘. Als hätten wir vor den Augen der Kinder Sex! Das ist doch absurd! Es ist doch vollkommen legitim, wenn wir uns beim Spazieren an die Hand nehmen oder streicheln, wenn wir fernsehen gucken.…“
Die Unterhaltung entwickelt sich wieder zu einer hitzigen Diskussion in absoluter Einigkeit, die zu keiner Lösung oder einem Ende führt, da diejenigen, mit denen wir eigentlich gern reden wollen würden, nicht mit uns reden. Das merken wir beide und lassen das Thema im Sande versiegen.
Die Hilflosigkeit, die ich jedes Mal bei diesem Thema empfinde kennt keine Grenzen, denn ich sehe leider keine Lösung, die umsetzbar ist. Warum ist sie nicht Umsetzbar?
Mehrere Bitten um eine Mediation seitens Niklas wurden von seiner Ex-Frau als „nicht notwendig“ deklariert und damit wegeschoben.
Ein ganzes Jahr lang ist Niklas hilfesuchend zu 4 verschiedenen Stellen gegangen, um sich in dieser Sache beraten zu lassen. Beim deutschen Roten Kreuz war er ein halbes Jahr lang 14-tägig im Gespräch. Auch die Beraterin die ihn dort betreute regte an, dass seine Ex-Frau zur gemeinsamen Beratung dazustoßen könnte. Vergebens. Catlyn hält es nicht für nötig an dieser verfahrenen Situation zu arbeiten, obwohl sie Niklas in einer E-Mail schrieb, dass es ihr schmerze zu sehen, wie Ihre Kinder unter der fehlenden Vaterfigur leiden würden.
Das Engagement dass sie aufbringt, dieses Leiden zu mindern versetzt mich in Erstaunen. Wie kann ich jemandem vorhalten er hätte das Vertrauen seiner Kinder verwirkt und müsse es nun langsam wieder aufbauen, wenn er gleichzeitig seinen Kinder garnicht bekommt? Wie kann er Vertrauen aufbauen, wenn Erwartungen geschürt wurden, die seitens Niklas garnicht erfüllt werden können, da sie voraussetzen würden, dass er sein Leben so lebt müsste, wie es ihm seitens seiner Ex-Frau vorgeschrieben würde? Solange er nicht das macht, was von ihm erwartet wird, ist er ein schlechter Vater, der nur auf sein Geld schaut. Dann wird es als „ungerecht“ dargestellt, dass Papa eine neue Freundin hat, während Catlyn allein daheim sitzt. Es ist aber nicht ungerecht, wenn der Freund der Mutter mit am Geburtstagstisch sitzt (sie hatte für ein Jahr mal eine Beziehung), während die Freundin des Vaters ausgeladen wird, obwohl die Kinder wollten, dass ich eingeladen werde. DAS ist gerecht?
Wenn ich sehe, in welchen Maßstäben bei Catlyn gemessen wird, wird mir klar, dass Niklas und ich dort niemals hineinpassen werden.